Reichenbach-Steegen hat dem genialen Tüftler und Erfinder des Rhönrades, Otto Feick, eine späte und fällige Ehrung angedeihen lassen. Der bisherige Kerweplatz heißt seit Sonntag, 4. Juli, „Otto-Feick-Platz“. Die Namensumwidmung wurde mit einem vom Verein Rhönradmuseum und der Ortsgemeinde Reichenbach-Steegen initiierten Festakt groß gefeiert. Dass die „Taufe“ des Otto-Feick-Platzes just am 131. Geburtstag des Namensgebers und auf dem Gelände stattfand, auf dem der junge Tüftler zum ersten Mal mit seinem aus zwei großen Eisenradreifen gefertigten Rhönrad-Prototyp die Wiese von der angrenzenden großväterlichen Dorfschmiede Heil abwärts rollte, war ein gelungener Coup der Initiatoren. Und eine große Genugtuung für Gerd Häßel, der mit dem von ihm gegründeten Verein seit vielen Jahren die Erinnerung an den in Reichenbach geborenen Erfinder eines außergewöhnlichen patentierten Sportgeräts wach hält und mit einem Rhönradmuseum krönen möchte.
Die Liste der „Taufgäste“, die dem in Sportkreisen bekannten und geachteten Erfinder, der einige Jahre seiner Kindheit in Reichenbach-Steegen verbrachte, Ehrung zollten, war lang. Ein über die Namensumwidmung erfreuter Hausherr Dirk Wagner konnte eine große Gästeschar, Bürger, Zaungäste sowie Vertreter aus Politik und Sport begrüßen. Der Ortsbürgermeister fand lobende Worte für die gute Zusammenarbeit mit dem Verein Rhönradmuseum und deren Vertreter Gerd Häßel und Petra Kunz und bekundete eine positive Einstellung der Gemeinde zu einem künftigen Rhönradmuseum.
Rhönradmuseumsmotor Gerd Häßel bedankte sich bei der Gemeinde, dem Wunsch des Vereins nach einer Namensumbenennung des Platzes entsprochen zu haben und auch die Kosten der Werbetafeln zu tragen. Explizit dankte er dem Malermeister Ralf Ebling für die kostenlose Erstellung des Schriftzuges "Otto-Feick-Platz" und hieß seitens des Vereins alle Gäste herzlich willkommen.
Freude über die gelungene Installation und die damit verbundene Ehrung des berühmten Sohnes der Gemeinde zeigte auch Bürgermeisterin Anja Pfeifer. Weil dieser Platz auch Ausgangspunkt für den Musikantenwanderweg ist, erkennt sie einen Gewinn für den Tourismus in der gesamten Verbandsgemeinde. Auch für Pfeiffer ist es keine Utopie, die bisher gesammelten historischen Geräte, Gegenstände, Fotos, Dokumente und Memorabilien in ein dem Rhönrad und seinem Erfinder gewidmetes Museum einzubringen. Damit schlösse sich auch eine museale Lücke in der Verbandsgemeinde.
Hoffnung auf fette Zuschüsse machte Landrat Ralf Leßmeister mit dem Verweis auf das neue Leader-Programm. Das Projekt Rhönradmuseum, welches ein Alleinstellungsmerkmal besitzen würde, könne mit der Förderung aus europäischen Geldtöpfen rechnen. Er warb um Bürger, sich in das anlaufende Leader-Projekt einzubringen, und gratulierte der Gemeinde wie dem Verein Rhönradmuseum zu diesem wunderschönen Platz und dem berühmten Reichenbacher.
Gratulation und Glückwünsche kamen auch von Vertretern des Pfälzer Turnsports. Der Präsident des Pfälzer Turnerbundes, Walter Benz, beglückwünschte die Initiatoren, mit diesem schönen Anlass an einen Pfälzer zu erinnern, dessen Erfindung in 26 Ländern patentiert wurde und seit 1925 in der ganzen Welt bekannt ist.
Der Geschäftsführer des Sportbundes Pfalz, Martin Schwarzweller, lobte auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Pfälzer Sportgeschichte den Rhönradhistoriker Gerd Häßel für seinen jahrelangen Einsatz und Sammlung von Rhönradhistorikas. Gute Nachrichten hatte auch er im Gepäck, sagte er doch Unterstützung für ein Museum zu und stellte bereits eine finanzielle Starthilfe in Aussicht.
Asmus Kaufmann, stellvertretender Geschäftsführer des Sportbundes Pfalz und Kurator Pfälzer Sportmuseum Hauenstein, ging auf die Bedeutung von sporthistorischen Sammlungen ein und plädierte, diese unbedingt der Nachwelt zu erhalten. Im Sportmuseum in Hauenstein sei das aus der Sammlung von Gerd Häßel zur Verfügung gestellte Rhönrad ein sehr beliebtes Fotoobjekt und die medialen Informationen gefragt. Auch wenn er sich die Sammlung gerne einverleiben möchte, erkenne er doch die Bedeutung, die diese für Reichenbach-Steegen habe. Er versprach Beistand bei der Einrichtung eines Museums.
Ein knuspriges Präsent hatte Petra Kunz vom Verein Rhönradmuseum für die Ehrengäste im Gepäck. Das von ihrem Vater, dem Bäckermeister Karl-Heinz Carra kreierte Rhönradbrot gab’s zur Erinnerung mit auf den Weg. Ein Produkt aus der örtlichen Bäckerei Kissel, das sich großer Beliebtheit erfreut und auf dem Postweg in vielen Winkeln der Erde Liebhaber gefunden hat. Sie zeichnete für die Organisation des Festes verantwortlich.
Die Gäste - darunter auch SPD-MdL Daniel Schäffner, CDU-Bundestagskandidat Xaver Jung, der Vorsitzende des VSK Germania Niederfeld, Ludwigshafen, Daniel Blind mit seinem Vorgänger Norbert Kimbel (Feick war Gründungsvorsitzender dieses Vereins) sowie die Rhönradtrainer aus Glan-Münchweiler, Bärbel Klein und Thomas Dahm, - konnten sich an Rhönradbutterbroten und Bachbahnbier aus der Brauerei des Erfenbacher Bachbahnmuseums - schließlich war Reichenbach einmal Endpunkt der Bachbahn - gütlich tun und Vorführungen mit dem Rhönrad von Turnerinnen aus Glan-Münchweiler verfolgen.
Eine Tafel auf dem Platz gibt Auskunft über Otto Feick, 1890 in der Heilschen Dorfschmiede geboren, dort bis 1897 mit seiner Mutter lebte und danach in Kaiserslautern. Schule, Schlosserhandwerk, Anstellung bei der Reichsbahn, Militärzeit, Heirat. 1923 vom französischen Militär aus der Pfalz ausgewiesen, zog er in die Heimat seiner Frau (Bayerische Rhön). Von dort meldete er 1925 sein Turnrad zum Patent an und gab ihm 1926 den Namen „Rhönrad“. Er machte seine Erfindung auf etlichen Reisen bekannt und ließ es in 26 Ländern patentieren. Der Zweite Weltkrieg machte den geschäftlichen Erfolg zunichte. Der einzige Sohn wurde auf der Flucht aus Gefangenschaft erschossen, Feick erlitt gesundheitliche Probleme und starb am 17. Oktober 1959.
Der Deutsche Sportbund nahm 1959 das Rhönradturnen als Turndiziplin auf. In Basel wurde 1995 der Internationale Rhönrad-Turnverband gegründet. Weltweit gibt es mehrere tausend Rhönradturnerinnen und -turner. In Reichenbach-Steegen nahm alles seinen Anfang.