Die Gemeinde Reichenbach-Steegen beschäftigt sich derzeit intensiv mit den Möglichkeiten der Dorferneuerung. Welche Chancen sehen Sie in vermeintlich schwierigen Zeiten in der Dorferneuerung?
Dirk Wagner:
Die Ortsgemeinde hat Ende der achtziger Jahre ein Dorfentwicklungskonzept erarbeitet, welches damals als Grundlage für die politische Arbeit nützlich war. Dieses Konzept gilt es fortzuschreiben. Die Chance besteht darin, zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern und den politisch Verantwortlichen Reichenbach-Steegen für die Zukunft aufzustellen. Dies wird ein interessanter Prozess werden. Denn ein Dorf befindet sich immer im Prozess. Ein Dorf sollte kein Zustand werden. Ein wichtiges Instrument sehe ich hier in einem Dorfentwicklungskonzept.
Welches Entwicklungsziel hat sich die Gemeinde gesteckt und wo sehen Sie die besonderen Entwicklungspotentiale Ihrer Gemeinde bzw. Gemeindeteile?
Dirk Wagner:
Der Gemeinderat hat im Sommer einen Antrag zur Dorfmoderation einstimmig beschlossen. Die Moderation soll genutzt werden, um Ideen und Impulse aus der Bürgerschaft als Grundlage zukünftiger politischer Entscheidungen herauszuarbeiten. Ich nenne einige Beispiele, die in einer Dorfmoderation diskutiert werden könnten.
- Nahversorgung (Dorfladen)
- Nahverkehr
- Energiewende
- Umgang mit Leerständen
- Bedarf an Wohnflächen
- Zukünftige Wohnformen
- Freizeit und Tourismus
Innerhalb der Gemeinde wird über die Antragstellung zur Anerkennung als Schwerpunktgemeinde nachgedacht und Kontakte mit beratenden Ortsplanern aufgenommen.
Was verspricht sich die Gemeinde Reichenbach-Steegen von einer Schwerpunktanerkennung?
Dirk Wagner:
Die Schwerpunktanerkennung ermöglicht der Ortsgemeinde sowie den Bürgerinnen und Bürgern, Maßnahmen innerhalb einer Periode von sechs Jahren mit Fördermitteln des Landes durchzuführen. Ich sehe dies als Chance, gerade im Hinblick auf die Erhaltung vieler ortsbildprägender Gebäude und Anwesen in unserer Ortsgemeinde. Auch hier bildet die Dorfmoderation eine wesentliche Grundlage, um gemeinsame Maßnahmen und Prioritäten für die Schwerpunktanerkennung zu setzen. Deshalb gehen wir den Weg von der Dorfmoderation hin zur Schwerpunktanerkennung.
Wie viel Prozent „Überzeugungstäter“ muss man als Ortsbürgermeister sein, um die Ideen des Ortes innerhalb der Dorferneuerung zu vermitteln.
Wie sehen Sie ihre jeweilige Rolle im Ortsentwicklungsprozess?
Dirk Wagner:
Die Dorfgemeinschaft funktioniert nur im Ganzen. Einen erheblichen Beitrag leisten dazu unsere Vereine und Organisationen, in denen viele ehrenamtlich tätig sind. Diese Menschen sind das Schmiermittel einer funktionierenden Dorfgemeinschaft. Als Ortsbürgermeister muss man mit seinem Gemeinderat dies unterstützen und natürlich mit positiven Beispielen vorangehen. Die Dorfmoderation sehe ich als Werkzeug, das bisherige Engagement weiter zu fördern aber auch neue Herausforderungen zusammen mit bisher unbeteiligten Bürgerinnen und Bürgern anzugehen.
Manfred Bügner:
Eindeutig 100% !
Ich muss nicht nur den Karren ziehen und bei Arbeiten mit gutem Beispiel voran gehen. Die Leute orientieren sich auch an der Stimmung, das heißt, dafür zu sorgen, dass alle mit Lust an die Sache gehen.
Mein Lebensmotto lautet: „Für mich ist immer alles halb so schlimm und doppelt so gut“. Wenn dann etwas mal nicht klappt, halten wir uns nicht damit auf und machen etwas Neues.
Als Ortsbürgermeister sind Sie ehrenamtlich tätig und investieren sehr viel Zeit in die Bewältigung der gemeindlichen Aufgaben. Wie wichtig ist eine über die Fraktionen eines Gemeinderates hinausgehende Zusammenarbeit im Themenfeld „Dorf“? Geht es nur gemeinsam?
Dirk Wagner:
Wir haben im letzten Jahr einen Arbeitskreis „Impuls Reichenbach-Steegen“ ins Leben gerufen. Dieser Arbeitskreis setzt sich bisher aus zwei Personen der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zusammen, kann jedoch je nach Themenfeld individuell erweitert werden. In diesem Arbeitskreis finden Themen ihren Platz, die noch nicht reif sind, in den Ausschüssen oder im Rat diskutiert zu werden. Dies sind zurzeit z.B. autarke Energieversorgung und der strukturelle Wandel im Dorf. In diesem Kreis werden tolle Ideen entwickelt und sehr gut fraktionsübergreifend zusammengearbeitet, was sich letztendlich auch im Gemeinderat bemerkbar macht. Ich bin mit dem Gemeinderat und der Art und Weise wie die Herausforderungen der Zukunft angegangen werden sehr zufrieden.
Manfred Bügner:
Um auf der Dorfebene etwas zu bewegen geht es nur gemeinsam und im sachlichen Dialog. Bei einer guten Idee, ist es völlig egal aus welcher politischen Überzeugung diese stammt. Wenn sie gut ist, wird das Projekt durchgezogen. Eine breite Unterstützung ist Voraussetzung für den Erfolg. Deshalb trage ich Ideen immer bei beteiligten Personen vor und hole mir deren Meinung.
Welche Aufgabe sehen Sie durch die am Entwicklungsprozess beteiligten Ortsplaner erfüllt?
Wie wichtig ist eine kontinuierliche fachplanerische Begleitung? Welche Rolle spielt für Sie hierbei ein aktuelles Dorfentwicklungskonzept?
Dirk Wagner:
Die Aufgabenstellung ist zu komplex, als das dies ohne jegliche fachliche Betreuung und Beratung machbar ist. Die Ortsgemeinde wird die Aufgaben, Ziele und Grundlagen nennen, jedoch braucht es auch den Blick von „außen“. Es braucht Planer, die ein Gefühl für das Dorf entwickeln, um keine Schubladenpläne zu produzieren.
Manfred Bügner:
Impulse und Möglichkeiten wurden uns von 2 Planern vorgeschlagen. Wir befinden uns seit vielen Jahren in der Betreuung von Ortsplanern und man kann sagen, dass diese Zusammenarbeit erst die richtig großen Möglichkeiten erbracht hat. Unser Planer hat durch seine Fachkompetenzen die notwendigen Zuschüsse besorgt. Ohne diese Mittel wären die Projekte nicht umsetzbar gewesen. Ein aktuelles Dorferneuerungskonzept macht die Situation für alle beteiligten transparent und motiviert diese, zur schrittweisen Umsetzung der Vorschläge. Ebenso motivierend für die Bürger war die Dorfmoderation, die wie schon die Aktualisierung des Dorferneuerungskonzeptes gefördert wurde. Bei der Moderation bildeten sich Arbeitsgruppen in den Bereichen Natur/ Landschaft, Tourismus und Kinder.
So hatte man alle Generationen und Interessierten mit im Boot.
Eine entscheidende Rolle innerhalb der Dorferneuerung spielen die Bürger.
Die Gemeinde Eulenbis wird immer wieder für ihren sozialen Zusammenhalt und das Miteinander gelobt.
Lässt sich bürgerschaftliches Engagement „verordnen“ oder wie schafft man es, die Bürger für die Beteilung am Entwicklungsprozess ihres Ortes zu begeistern und zu beteiligen?
Manfred Bügner:
Verordnen lässt sich nichts. Die Menschen müssen einen eigenen Antrieb entwickeln. Das geht nur, wenn auch sie „Überzeugungstäter“ werden.
Wichtig ist natürlich, dass die Bürger in den Entscheidungen mitgenommen werden und noch wichtiger empfinde ich es, dass die Menschen für die geleisteten Projekte auch Ruhm und Ehre bekommen. Für uns war die Zusammenarbeit mit verschiedenen Medien sehr hilfreich. Ich habe immer wieder die Rheinpfalz zu den Baustellen eingeladen und im Amtsblatt über den Fortgang der Arbeiten berichtet. Wenn die Bürger sich dort wieder finden, haben sie noch mehr Spaß an den Projekten. Spaß ist überhaupt das Zauberwort. Die Leute wollen eine gute Stimmung und die Arbeit läuft nebenher von der Hand. Verschiedene Projekte mit dem Radio haben viel Spaß gemacht. Unser Durchbruch im Zusammenhalt ist uns 2008 bei der Teilnahme des Wettbewerbs „Das Hammerdorf“ im Südwest Fernsehen gelungen.
Die Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hat die Bürger für ihr Dorf sensibilisiert. Bei diesem Wettbewerb ist ein regelrechter Virus ausgebrochen. Das schöne bei diesen Aktionen ist auch immer, dass es völlig egal ist, wie wir abschneiden. Es wird immer gefeiert. Und Feiern ist das nächste Zauberwort. Wir feiern und lachen auch sehr oft zusammen.
Die Sozialstrukturen eines Ortes sind sehr individuell. Häufig als Kennzeichen für ein vitales Ortsleben genannt, sind die aktiven Vereine.
Ein wichtiger Faktor für die Ortsentwicklung, Herr Wagner?
Dirk Wagner:
Wie schon erwähnt sind die Vereine das Schmiermittel einer Gemeinde. Das soziale Engagement der ehrenamtlichen Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Vereinen, Organisationen, Kirchen, in der Jugend- und Seniorenarbeit könnte eine politische Gemeinde gar nicht organisieren. Dieses Einbringen der Menschen für die Allgemeinheit ist der wesentliche Faktor für ein Dorf.
Um heute als Standort attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben wird immer mehr in „Regionen“ gedacht.
Beide Gemeinden gehören der Verbandsgemeinde Weilerbach an. Was verbindet sie noch? Sehen Sie Möglichkeiten einer überörtlichen Zusammenarbeit?
Manfred Bügner:
Auch innerhalb der Verbandsgemeinde Weilerbach verstehen sich die Ortsbürgermeister sehr gut. Wir besuchen uns gegenseitig bei Veranstaltungen und arbeiten über die Grenzen unserer jeweiligen Gemarkungen zusammen. Beispiele sind die Rad und Wanderwege der Verbandsgemeinde. Gerade ich Sachen Tourismus ist eine Zusammenarbeit über die Orts/Verbands/Kreisgrenzen hinaus unbedingt erforderlich.
Dirk Wagner:
Unsere Ortsgemeinden befinden sich in einer abwechslungsreichen und herrlichen Landschaft. Die Zusammenarbeit zwischen den Ortsgemeinden und meinen Ortsbürgermeisterkollegen funktioniert sehr gut. Das Zusammenarbeiten einzelner Ortsgemeinden im und über das Verbandsgemeindegebiet, ja sogar über die Kreisgrenze hinaus wird zukünftig immer mehr in den Fokus rücken. Als Beispiele sind hier die Energiewende, Breitbandversorgung, Verkehrsverbünde und Tourismus zu nennen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Ortes?
Was wünschen Sie sich gegenseitig für die jeweilige Aufgabenbewältigung?
Manfred Bügner:
Mein größter Wunsch für mich und die Bürger ist, dass unser Zusammenhalt und der Gemeinschaftssinn über alle Generationen so erhalten bleiben wie er jetzt ist.
Jeder hilft jedem und jeder hat ein gutes Gefühl dabei.
Meinem Ortsbürgermeisterkollegen Dirk Wagner wünsche ich weiterhin die Ruhe und Gelassenheit, sowie das große Engagement (im Amtsblatt sind sehr oft Berichte über freiwillige Arbeitseinsätze zu lesen), sowie die Beteiligung seiner Bürger an der Dorfentwicklung. Reichenbach-Steegen hat mit seinen Ortsteilen ein sehr gutes Miteinander, dass auf die gesamte Verbandsgemeinde ausstrahlt.
Dirk Wagner:
Dass eine generationenübergreifende Dorfgemeinschaft und das soziale Gefüge unserer Vereine und damit verbunden die Menschen, die sich für andere einsetzen, erhalten bleibt und weiter gepflegt wird.
Manfred Bügner hat zusammen mit seinen Bürgerinnen und Bürgern Eulenbis in jeder Hinsicht vorangebracht und den Ort zu einem Aushängeschild unserer Verbandsgemeinde gemacht. Er versteht es, die Dorfgemeinschaft zu motivieren und zu integrieren. Ich wünsche Manfred Bügner für die Zukunft weiter den Spaß am Amt des Ortsbürgermeisters, den er ausstrahlt und vor allem Gesundheit.
Quelle:Landkreis Kaiserslautern